Deep Dive: Sandoz
Warum der Novartis-Spin-Off eine attraktive Investment-Opportunität bietet
Veröffentlicht am Lesezeit 18 Minuten
Die grossen Pharmahersteller sind mit zunehmendem Wettbewerb, Preisdruck und fehlendem Wachstum konfrontiert. Um diese Herausforderungen anzugehen, fokussiert sich Big-Pharma zunehmend auf innovative Medikamente und trennt sich von Bereichen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Novartis wird am 4. Oktober mit Sandoz ihre Generika- und Biosimilarsparte abspalten. Der Spin-Off stösst auf viel Skepsis, denn Sandoz galt wegen einem rückläufigen Geschäft und niedrigen Margen innerhalb von Novartis als Sorgenkind. Doch die Aussichten einer in die Freiheit entlassenen Sandoz sind besser, als der Markt gegenwärtig annimmt.
Big-Pharma und zunehmend auch die führenden Biotech-Unternehmen sind aufgrund ihrer schieren Grösse mit Umsätzen von jeweils mehr als 10 Mrd. US-Dollar mit zunehmenden Problemen konfrontiert: Weniger Preissetzungsmacht als in der Vergangenheit, zunehmender Wettbewerb für Biotech-Medikamente und begrenzte Möglichkeiten, um in wichtigen therapeutischen Bereichen erneut grosse Einnahmen zu erwirtschaften.
Grosse Pharmaunternehmen wie Astra-Zeneca, Bristol-Myers, GlaxoSmithKline oder Pfizer sind heute das Resultat grosser, in aller Regel von Kosteneinsparungen getriebener Fusionen oder das Ergebnis von mehreren, grösseren Übernahmen. Viele sind dabei Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden: Sie lancierten erfolgreiche Blockbuster-Medikamente, aber bekunden Mühe, ein neues Medikament zu entwickeln, das wesentlich besser ist, sobald ihr ursprüngliches Medikament generisch wird und der Preis drastisch sinkt. Als Folge der Fusionen und Übernahmen haben es viele der grossen Pharmaunternehmen nicht geschafft, ihre hohe Umsatzbasis mit organischer, von interner Forschung und Entwicklung getriebener Produktinnovation zu unterlegen.
Strukturelle Herausforderungen für Big-Pharma und Big-Biotech
Zusätzlich zu den eingangs genannten Punkten waren und sind Big Pharma-und Big-Biotech-Konzerne nach wie vor mit drei strukturellen Herausforderungen konfrontiert:
- Generika
- Pharmacy Benefit Manager
- Biosimilars
Generika
Generika sind therapeutisch gleichwertige Versionen von verschreibungspflichtigen Markenarzneimitteln in Bezug auf Qualität, Sicherheit, Darreichungsform, Stärke, Art der Verabreichung und dem Verwendungszweck. Generika werden in aller Regel verfügbar, sobald die Patente und andere Exklusivitätsrechte für die Originalpräparate der Markenhersteller auslaufen. Generika werden normalerweise zu wesentlich niedrigeren Preisen angeboten (in vielen Fällen mit einem Rabatt von 80 bis 85%) als die Originalpräparate, da Generikahersteller keine Tierversuche und klinischen Studien (an Menschen) wiederholen müssen, die für ein neues Therapiemedikament erforderlich gewesen wären. Allerdings müssen alle Generika Bioäquivalenz nachweisen, d. h. sie müssen die gleiche Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit wie ihre Referenzarzneimittel aufweisen und gelten als vollständig substituierbar.
Im Gegensatz zu anderen Industrien bewegen sich Pharmaunternehmen in einer Tretmühle: Falls sie es nicht schaffen, neue, innovative Medikamente einzuführen, die sicher und viel besser als ihre kostengünstigen Generika-Alternativen sind, dann droht die Gefahr, dass ihr Geschäft in etwas mehr als einem Jahrzehnt verschwindet. Im Jahr 2005 waren 60% aller in den USA verschriebenen Medikamente Generika. 2021 waren es bereits 92% (siehe Grafik unten). Von einer rein verschreibungspflichtigen Optik aus betrachtet, haben Markenarzneimittel in den letzten 16 Jahren 80% ihres Marktanteils an Generika verloren. Weltweit wurde der Markt für Generika Ende 2022 auf ein Volumen von 185 Mrd. USD geschätzt. Es wird erwartet, dass der Generika-Markt im Laufe des kommenden Jahrzehnts um 5% p.a. wachsen wird.
Pharmacy Benefit Manager
In den USA handeln riesige Einkaufsorganisationen, so genannte Pharmacy Benefit Manager (PBM), zwischen Apotheken, Krankenversicherern und Arbeitgebern Preise für Arzneimittel aus. Die PBM-Industrie hat sich in den letzten Jahren stark konsolidiert, damit an Marktmacht gewonnen und die Umsätze der Pharmaindustrie negativ beeinträchtigt. Folge: Für Medikamente, die nicht sehr differenziert sind, gewährt ein PBM einem Pharmaunternehmen einen höheren Marktanteil, wenn dieses im Gegenzug einen grossen Mengenrabatt bietet.
Die Kunden des PBM können zwar immer noch auf Arzneimittel zugreifen, die nicht auf der Arzneimittelliste stehen, aber der Verbraucher muss unter Umständen höhere Zuzahlungen leisten und/oder der verschreibende Arzt muss mehrere Hürden überwinden. Darüber hinaus haben es neue Medikamente, die nur geringfügig besser als die generische Alternative sind, schwer, sich durchzusetzen, da die Kosten-Nutzen-Analyse ihren Einsatz nicht rechtfertigt. Dies betrifft beispielsweise Medikamente gegen Cholesterin oder Atemwegserkrankungen, die früher mehrere Milliarden Dollar an Umsatz erwirtschafteten, bei denen es aber inzwischen sehr effektive Generika-Alternativen gibt.
Biosimilars
Biosimilars sind kostengünstigere Alternativen zu bestehenden biotechnologischen Arzneimitteln, die nicht mehr unter Patentschutz stehen. Sie werden aus lebenden Organismen, Geweben oder Zellen synthetisiert. Wie bei Generika dürfen auch Biosimilars keine wesentlichen klinischen Unterschiede im Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil gegenüber ihren Referenzarzneimitteln aufweisen, damit sie als austauschbar gelten.
Biosimilars haben eine grössere Molekülgrösse und eine komplexere Struktur im Vergleich zu niedermolekularen und relativ einfach herzustellenden Generika, was die Kosten und die Komplexität ihrer Entwicklung und Herstellung erhöht. Das Ergebnis ist, dass viele Biotech-Arzneimittel auch nach dem Auslaufen des Patents für ihre ursprüngliche chemische Zusammensetzung noch relativ hohe Einnahmen erzielen können.
Die Entwicklung von Biosimilars kann sechs bis neun Jahre dauern und 100 bis 300 Millionen USD pro Medikament veranschlagen, während ein einfaches, niedermolekulares Generikum nur 1-2 Mio. USD an Kosten und eine Entwicklungszeit von etwa zwei Jahren in Anspruch nimmt. Die höheren Entwicklungskosten und die grösseren technologischen und regulatorischen Hürden führen zu weniger Wettbewerb -- selbst wenn ein Biosimilar auf dem Markt ist, fällt der Preis für das Orginialpräparat deutlich weniger.
Doch Biosimilars gewinnen in Europa und mit Zeitverzögerung auch in den USA und weltweit in verschiedenen Produktkategorien rasch Marktanteile, so dass auch hier der Druck auf Big-Pharma zunehmen wird. Ende 2022 belief sich der Markt für Biosimilars auf etwa 23 Mrd. USD. Es wird erwartet, dass der Markt im Laufe der kommenden Dekade um 20% p.a. wachsen wird.
Die Reaktion von Big Pharma und Novartis
Konfrontiert mit diesen Herausforderungen haben viele Pharmaunternehmen begonnen, ihre innovativen, neuen Medikamente zu deutlich höheren Preisen anzubieten, um ihren Umsatz zu stützen. Langfristig laufen sie damit Gefahr, dass diese Strategie eine Gegenreaktion von der Politik und den Verbrauchern provoziert und damit ihre Preissetzungsmacht erodiert. Gleichzeitig haben viele Pharmafirmen aggressiv in Forschung und Entwicklung in Therapiebereichen investiert, die hohes Wachstum versprechen und zudem ihre anorganischen Investitionen in diesen Bereichen durch Akquisitionen erhöht. Besonders der Onkologie-Bereich (Krebs) liegt heute im Fokus vieler Pharmaunternehmen. Um die hohen Investitionen zu stemmen, wurden Nicht-Kernbereiche veräussert, oder mittels Asset Swaps Medikamente und Pipeline-Assets, in denen man nicht führend ist, mit anderen Pharmaunternehmen getauscht oder mittels Spin-Off abgespalten.
Der Schweizer Pharmariese Novartis hat sich in der letzten Dekade mehrere solcher Transaktionen zu Nutze gemacht, um sich von Nicht-Kernbereichen zu verabschieden:
- Asset Swap mit GlaxoSmithKline (April 2014): Verkauf des Impf-Geschäfts (900 Mio. USD Umsatz) für 5.25 Mrd. USD an GSK mit dem Potenzial der Erhöhung des Verkaufspreises auf 7.05 Mrd. USD, wenn verschiedene Milestones erreicht werden. GSK veräusserte im Gegenzug sein Onkologie-Geschäft (1.6 Mrd. USD Umsatz) für 14.5 Mrd. USD an Novartis mit dem Potenzial eines Verkaufspreises von 16 Mrd. USD (abhängig vom Ausgang einer bestimmten, laufenden Studie).
- Joint Venture mit GlaxoSmithKline (April 2014): Novartis und GSK vereinbaren, ihr Over-the-Counter Pharmageschäft in ein JV einzubringen, an dem Novartis 36.5% und GSK 63.5% hält.
- Verkauf an Eli Lilly (April 2014): In einer separaten Transaktion wurde der Verkauf des Tiermedizingeschäfts an Eli Lilly für 5.4 Mrd. USD bekannt gegeben.
- Spin-Off von Alcon (April 2019): Abspaltung der Augenheilsparte von Novartis mittels Sachdividende an die eigenen Aktionäre.
- Verkauf der Roche-Aktien (November 2021): Novartis und Roche vereinbaren eine bilaterale Transaktion zum Verkauf von Roche-Inhaberaktien (etwa 33%) im Besitz von Novartis zu einem Gesamtpreis von 20.7 Mrd. USD.
Als letzte Massnahme dieser Portfoliobereinigungen steht für Novartis am 4. Oktober 2023 der Spin-Off von Sandoz (Generika und Biosmiliars) an die Novartis-Aktionäre mittels Sachdividende an. Die Fokussierung von Novartis auf fünf zentrale Therapiebereiche (Herz-Kreislauf, Immunologie, Neurowissenschaften, solide Tumore und Hämatologie) und die Bildung eines konzentrierten, innovativen Arzneimittelunternehmens nimmt damit weiter Form an.
Der Sandoz-Spin-Off
Die Abspaltung von Sandoz von Novartis wird durch die Ausschüttung einer Sachdividende durch Novartis vollzogen, welche steuerfrei ist. Für jede fünf Novartis-Aktien erhalten die Aktionäre einen Sandoz-Titel. Allfällige Fraktionen werden nicht in Aktien, sondern in bar beglichen. Insgesamt werden 431 Mio. Sandoz-Aktien emittiert. Die Sandoz-Aktien werden nach der Abspaltung von Novartis nicht dem Schweizer Aktien-Leitindex Swiss Market Index (SMI) angehören, hingegen Teil des Swiss Leader Index (SLI) sein, welcher die 30 grössten und liquidesten Titel umfasst.
Übersicht Geschäftsmodell
Sandoz ist in zwei Marktbereichen tätig: Generika und Biosimilars, die zusammen den Markt für patentfreie Arzneimittel bilden. Während sich viele Arzneimittelhersteller auf einen der beiden Märkte für patentfreie Medikamente konzentrieren, ist Sandoz mit einer starken Präsenz in beiden Märkten gut positioniert.
Generika-Sparte
Das globale Portfolio von Sandoz umfasst etwa 1.500 Produkte, die von standardmässigen, oralen Präparaten bis hin zu komplexen Generika wie Injektionspräparaten und Inhalatoren für die Atemwege reichen. Diese Produkte decken die wichtigsten Therapiegebiete ab, darunter Herz-Kreislauf, zentrales Nervensystem, Onkologie, Antiinfektiva, sowie Schmerz und Atemwegserkrankungen. Das Unternehmen verfügt über eines der breitesten Portfolios in der Branche. Die Pipeline umfasst rund 400 Präparate, welche über die nächsten Jahre auf den Markt gebracht werden.
Wichtigste Biosimilars-Lancierungen
Originalpräparat | Therapeutische Bereiche | Umsatz des Originalpräparate | Aktueller Status |
---|---|---|---|
Humira© (adalimumab) | Immunologie (rheumatoide Arthritis) | ca. 21 Mrd. USD p.a. | In Europa und den USA zugelassen, in den USA im Juli 2023 lanciert |
Tysabri© (natalizumab) | Neurologie/Immunologie (Multiple Sklerose, Morbus Crohn) | ca. 2 Mrd. USD p.a. | Zulassung in Europa und den USA beantragt |
Prolia©/Xgeva© (denosumab) | Knochenkrankheiten/Onkologie (Osteoporose, Knochenkrebs) | ca. 7 Mrd. USD p.a. | Zulassung in Europa, den USA und Kanada beantragt |
Eylea© (aflibercept) | Ophthalmologie (feuchte Makuladegenration) | ca. 11 Mrd. USD p.a. | Positive Phase III-Ergebnisse präsentiert |
Biosimilars-Sparte
Biosimilars sind noch ein kleiner und junger Markt. Derzeit gibt es nur 40 Biosimilars. Sandoz hat aktuell insgesamt zwar nur acht zugelassene und vertriebene Produkte auf dem Markt. Mit diesen acht Biosimilars und einer umfangreichen Pipeline von 24 weiteren biologischen Produkten ist Sandoz aber weltweit führend. Die Biosimilars von Sandoz werden seit über 15 Jahren in der klinischen Praxis eingesetzt und sind in mehr als 90 Ländern weltweit erhältlich. Das Potenzial für Sandoz ist gross: Mehr als 70 biologische Produkte werden in diesem Jahrzehnt ihre Exklusivität verlieren, davon die Hälfte in den nächsten fünf Jahren.
Folgende Präparate wurden kürzlich von Sandoz lanciert oder befinden sich in der Zulassung:
Überblick Generika/Biosimilars-Markt
Der Markt für patentfreie Arzneimittel wird aktuell auf einen Bruttoumsatz von rund 208 Mrd. USD geschätzt und soll im Laufe des nächsten Jahrzehnts um rund 8% p.a. wachsen. Dabei wird das Wachstum im aufstrebenden Markt der Biosimilars deutlich höher ausfallen. Es gibt somit eine riesige Marktchance für Blockbuster-Medikamente, deren Patentschutz in diesem Jahrzehnt ausläuft. Sandoz beziffert diese Opportunität auf mehr als 260 Milliarden Dollar allein für den Zeitraum 2023-2027.
Folgende Treiber beeinflussen das zukünftige Wachstum des Marktes für patentfreie Arzneimittel:
Positiv:
- Wachsende und alternde Bevölkerung
- Zunehmende Prävalenz chronischer Krankheiten
- Steigende Kosten im Gesundheitswesen
- Bevorstehender Zyklus von Blockbuster-Medikamenten, deren Patentschutz ausläuft
- Zunehmende Marktakzeptanz von Generika und Biosimilars
Negativ:
- Beständiger Preisverfall bei Generika/Biosimilars
- Veränderungen in der Patentlandschaft, v.a. bezüglich Patent-Erweiterungen
Sandoz gehört zu den führenden Generika-/Biosimilars-Herstellern weltweit. Einige Konkurrenten wie Teva oder Viatris konzentrieren sich nicht ausschliesslich auf das Geschäft mit Arzneimitteln, deren Patentschutz abgelaufen ist.
Die Gewinnspannen im Biosimilars-Geschäft liegen etwa 20% höher als bei herkömmlichen Generika. Dieser Aufschlag ist gerechtfertigt, da die Investitionen erheblich höher ausfallen und die Entwicklungszeit wesentlich länger ist. Dies hat den Wettbewerb relativ gering gehalten, was den Markt für Biosimilars im Vergleich zu einfachen Generika vergleichsweise attraktiv macht für Entwickler, die über die Ressourcen und das Fachwissen verfügen, um in diesem Bereich erfolgreich zu bestehen. Im Gegensatz zu Generika, bei denen oft der Preis den Markterfolg bestimmt, sind bei Biosimilars die Qualität und die Verfügbarkeit entscheidend. Genau dies ist die Stärke von Sandoz.
Spin-Off Checkliste: Was sagen die wichtigsten Spin-Off-Indikatoren?
Spin-Offs sind immer Spezialsituationen. Über die letzten Jahrzehnte haben sich folgende wissenschaftlich untersuchten Indikatoren als relevant für die Beurteilung von Spin-Offs erwiesen:
- Gründe für die Abspaltung verstehen
- Ausschluss von überhöhter Verschuldung
- Ausschluss problematischer Vermögenswerte/Rechtsstreitigkeiten
- «Interner» CEO
- Incentivierung des Managements
- Geringe Abdeckung durch Analysten
- Insider-Käufe
Diese Indikatoren können im konkreten Fall von Sandoz wie folgt beurteilt werden:
1. Sinnvolle Gründe für die Abspaltung?
Die Abspaltung von Sandoz aus Novartis bringt die bei Abspaltungen üblichen Vorteile mit sich:
- Fokussierung: Novartis und Sandoz können ihre Ressourcen und Anstrengungen gezielter auf jene Bereiche konzentrieren, in denen sie die grössten Wachstumschancen sehen, ohne von den Belangen des anderen Unternehmens beeinträchtigt zu werden.
- Sandoz: Schaffung eines führenden Unternehmens für patentfreie Medikamente, das sich auf Generika und Biosimilars konzentriert.
- Novartis: Weitere Umwandlung von Novartis in ein fokussiertes Unternehmen für innovative Arzneimittel.
- Effizientere Kapitalallokation: Kapital kann besser den jeweiligen Investitionsprioritäten zugewiesen werden. Eine Kapitalstruktur, welche den jeweiligen Cashflows und Wachstumsprofilen entspricht, kann implementiert werden.
- Incentivierung: Deutlichere Ausrichtung der Anreize an den Leistungszielen.
- Differenziertes Investitionsprofil: Sandoz als Generika- und Biosimilars-Unternehmen und Novartis als innovativer Arzneimittelhersteller werden ein klares Profil aufweisen. Die Trennung wird den Anlegern zwei unterschiedliche und gezielte Anlagemöglichkeiten bieten.
Allerdings müssen auch negative Auswirkungen beachtet werden. Die Abspaltung bringt für Sandoz gewisse «Dissynergien» mit sich:
- Sandoz kann nicht mehr auf die globale IT-Infrastruktur von Novartis zugreifen.
- Sandoz wird für gewisse Produktionsprozesse weiterhin auf Novartis angewiesen sein. Hierfür wurde allerdings eine Vereinbarung getroffen.
- Sandoz wird über eine tiefere Kapitalbasis verfügen und mit höheren Kapitalkosten rechnen müssen.
- Gegenüber Partnern wie regulatorischen Behörden oder Geschäftspartnern (Lieferanten, Abnehmer) wird Sandoz über eine tiefere Verhandlungsmacht verfügen. Allerdings will sich Sandoz auf deutlich weniger Lieferanten fokussieren (höhere Volumen gegen bessere Preise).
Im Zusammenhang mit dem Spin-Off von Novartis entstehen diverse Sonderaufwendungen, die sich insgesamt auf 500 bis 600 Mio. USD belaufen werden. Vor allem 2023 wird sich als Übergangsjahr erweisen: Rund 200 Mio. USD werden dem aktuellen Geschäftsjahr angerechnet .
Obwohl Novartis und Sandoz beides Pharma-Unternehmen sind, ist ihr Geschäft doch sehr unterschiedlich. Folgende Merkmale sprechen dafür, dass sich Novartis und Sandoz als unabhängige Unternehmen besser am Markt entfalten können:
Die wichtigsten Unterschiede zwischen den Geschäftsmodellen
Innovative Arzneimittel | Generika | Biosimilars | |
---|---|---|---|
Klinisches Verfahren | Mehrere Stufen | Keine | Wirkungsnachweis |
Zulassungshürde | Sehr hoch, Wirkung muss besser als Therapiestandard sein | Sehr tief, da genaue Reproduktion des aktiven Inhaltsstoffes (API) | Höher als bei Generika, da Wirkung des APIs nachgewiesen werden muss |
Preisdruck | Gering (20 Jahre Patentschutz ab Zulassung) | Sehr hoch, 85% über Grosshändler (USA) | Weniger Einfluss von Grosshändlern, da nicht beliebig austauschbar |
Entwicklungskosten | rund 1.3 Mrd. USD | rund 1 bis 2 Mio. USD | 100 bis 300 Mio. USD |
Markteinführungszeit | 12+ Jahre | 2 Jahre | 7 bis 9 Jahre |
Markteinführungsrisiko | Sehr hoch | Sehr tief | Moderat |
Die beiden Geschäftsmodelle (innovative Arzneimittel vs. Generika/Biosimilars) sind sehr unterschiedlich: Während bei Novartis der Grossteil der Ressourcen für die Entdeckung und Entwicklung neuartiger Medikamente aufgewendet wird, geht es bei Sandoz vor allem darum, die Produktionsprozesse zu optimieren und möglichst rasch und in guter Qualität Wirkstoffe nachzuahmen. Wesentliche Unterschiede sind auch bei der Kundschaft (bei Novartis oft über Krankenversicherer, bei Sandoz Grosshändler), der konsequenten Verfolgung von Patentstreitigkeiten oder dem Umgang mit den Behörden (unterschiedliche Zulassungsverfahren) auszumachen.
Angesichts dieser Unterschiede, unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Werttreibern macht es Sinn, dass Novartis und Sandoz sich als unabhängige Unternehmen positionieren.
2. Angemessene Verschuldung?
Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine zu hohe Schuldenlast einer der Hauptgründe für enttäuschende oder gar gescheiterte Spin-Offs ist. Dies hängt natürlich von der Cash-Generierung eines Spin-Offs ab -- ein Verhältnis von Net Debt/EBITDA von 3x scheint aber eine wichtige Obergrenze darzustellen.
Sandoz wird gemäss eigenen Angaben bei der Abspaltung ein Net Debt/EBITDA von unter 2.0x bis 2.5x aufweisen. Angesichts des erwirtschafteten Free Cash Flows (2022: 0.83 Mrd. USD, inkl. Lageraufbaukosten Post-COVID) deutet dies auf eine solide Finanzierungsstruktur hin und lässt Sandoz ausreichend Spielraum, um die nötigen Investitionen zu tätigen.
3. Keine problematischen Vermögenswerte/Rechtsstreitigkeiten?
Die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Opioidkrise in den USA haben sich über die ursprünglichen Schuldigen hinaus, d. h. Purdue Pharma und die Familie Sackler, ausgeweitet. Ein breites Spektrum von Akteuren, das von medizinischen Vertreibern bis hin zu Generikaherstellern reicht, wird nun voraussichtlich Milliarden an Dollar zahlen, um die Ansprüche tausender lokaler, kommunaler und staatlicher Behörden sowie verschiedener anderer Kläger zu begleichen. Die Generika-Hersteller Teva und Allergan könnten dabei zu Vergleichszahlungen von bis zu 4.5 Mrd. USD resp. 2.0 Mrd. USD verpflichtet werden.
Obwohl Sandoz ebenfalls in solche Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist, kann die Rolle von Sandoz in diesen Rechtsstreitigkeiten als deutlich geringer eingestuft werden und es darf davon ausgegangen werden, dass die zu bezahlenden Summen viel niedriger ausfallen werden. Das «Abladen» von Rechtsstreitigkeiten kann daher als Motivation für die Abspaltung ausgeschlossen werden.
4. «Interner» CEO?
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein «interner» CEO (d.h. ein CEO, der zuvor die Geschäftseinheit innerhalb des Mutterkonzerns geführt hat) einen positiven Aspekt für die Entwicklung des Spin-Offs darstellt.
CEO bei Sandoz wird Richard Saynor. Er ist gelernter Apotheker und besitzt umfangreiche Erfahrungen in der pharmazeutischen Industrie, sowohl bei innovationsgetriebenen, als auch bei Generika-/Biosimilars-Unternehmen. Er wurde 2019 zum CEO von Sandoz ernannt. Bevor er als CEO zu Sandoz kam, war er Senior Vice President für Classic & Established Products, Commercial & Digital Platforms bei GSK. Zuvor war er in verschiedenen kaufmännischen Führungspositionen bei Sandoz tätig.
Als Leiter von Sandoz innerhalb des Novartis-Konzerns muss er einen schweren Stand gehabt haben, um sich Gehör zu verschaffen. Das Geschäft mit innovativen Arzneimitteln wirft höhere Margen ab und benötigt hohe Summen für die Forschung & Entwicklung neuartiger Medikamente. Entsprechend darf man davon ausgehen, dass das Generika/Biosimilars-Geschäft innerhalb des Konzern etwas vernachlässigt wurde. Er müsste wissen, wo die «tiefhängenden Früchte» zu finden sind und wie sie rasch in höhere Gewinne umgemünzt werden können.
5. Incentivierung des Managements?
Obwohl noch nicht alle Details zur Incentivierung des Managements bekannt sind, darf aus den Angaben im Prospekt geschlossen werden, dass die Interessen des Managements im Einklang mit jenen der Aktionäre stehen:
- Neben dem Basissalär erhält der CEO einen jährlichen Leistungsanreiz basierend auf den Finanzzielen von Sandoz (Nettoumsatz, operatives Ergebnis und Free Cash Flow in Prozent des Umsatzes).
- Ab dem Datum der Abspaltung werden die jährlichen Incentive-Ziele der Mitglieder der Geschäftsleitung als Prozentsatz des Grundgehalts erhöht, um der Beförderung in die Geschäftsleitung eines unabhängigen börsennotierten Schweizer Unternehmens Rechnung zu tragen.
- Leistungsgebundene Komponente (Performance Share Units, welche in Sandoz-Aktien konvertiert werden können), welche die operative Entwicklung von Sandoz zwischen 2024 und 2026 berücksichtigt.
- Der CEO soll eine Beteiligung am Unternehmen in Höhe des dreifachen Jahresgrundgehalts aufbauen (bei den weiteren Mitgliedern der Geschäftsleitung eine Beteiligung in Höhe des zweifachen Jahresgrundgehalts). Darüber hinaus sind der CEO und der CFO verpflichtet, die im Rahmen des Vergütungsplans ausübbaren Aktien für mindestens zwei Jahre ab dem Ausübungsdatum zu halten.
6. Geringe Abdeckung durch Analysten?
Angesichts der Grösse des abgespaltenen Unternehmens (führender Generika/Biosimilars-Hersteller weltweit mit einem Umsatz von 9.3 Mrd. USD) und einer langen Tradition in der Schweiz werden ab dem Spin-Off einige Analysten ein Coverage aufnehmen (müssen). Auf der anderen Seite dürfte es bei den Analysten des Health Care Sektors zu einem Wechsel kommen. Bisher wurde Sandoz primär durch die Analysten abgedeckt, die den Pharmasektor und Novartis coverten. Künftig wird Sandoz (ausserhalb der Schweiz) wohl mehrheitlich von jenen Analysten verfolgt werden, die den Generika-Sektor und damit Unternehmen wie Viatris oder Teva abdecken. Entsprechend ist es durchaus möglich, dass die Sichtweise gegenüber Sandoz im Laufe der Zeit etwas positiver ausfallen wird, als dies unter den Pharma-Analysten der Fall ist. Von einer Vernachlässigung durch die Analysten-Gemeinde darf nicht ausgegangen werden. Allerdings ist es durchaus möglich, dass die Pharma-Analysten das Geschäftsmodell von Sandoz falsch einstufen, da:
- Traditionelle Pharmaunternehmen (Big-Pharma) höhere Margen erwirtschaften, aber auch einen höheren Kapitalbedarf und hohe Entwicklungsrisiken zu tragen haben.
- Generika-Hersteller zwar ab 2015 eine schlechte Kursperformance aufwiesen (Preisdruck durch Konsolidierung der Abnehmer, zu hohe Bewertung, Rechtsstreitigkeiten), sich dies aber nun durch Biosimilars und bessere Preissetzung ändern dürfte.
- Die schlechten Bilanzen der Generika-Hersteller verbessern sich zunehmend. Sandoz-Konkurrent Viatris hat beispielsweise in den Jahren 2021 und 2022 einen FCF von je 2.5 Mrd. USD generiert. Für 2023 wird ein FCF von 2.3 Mrd. in Aussicht gestellt, obwohl Viatris plant, Vermögenswerte in der Grössenordnung von 5 bis 6 Mrd. USD zu veräussern. Die Anzeichen mehren sich, dass sich der Markt stabilisiert und ab 2023 in Richtung Wachstum dreht. Somit stehen die Chancen gut, dass sich die Kapitalrenditen des Sektors verbessern und sich die Kapitalallokation in den kommenden Jahren von Schuldenreduktion in Richtung Aktienrückkäufe bewegen wird.
7. Kaufen Insider Aktien des eigenen Unternehmens?
Mehrere Studien haben gezeigt, dass Insider-Käufe ein sehr positives Zeichen für die zukünftige Kursentwicklung eines Spin-Offs darstellen. Die Käufe des Managements werden allerdings erst ab dem Spin-Off-Datum (4. Oktober 2023) ersichtlich.
Fazit: 5 von 7 Indikatoren zeichnen ein vielversprechendes Bild für den Spin-Off von Sandoz (noch keine Angaben zu Insider-Käufen). Trotzdem kommt es stark darauf an, zu welchem Preis die Sandoz-Aktien am ersten Handelstag notieren werden und ob dieser Preis attraktiv ist.
Ist die Aktie von Sandoz attraktiv?
Innerhalb von Novartis war die Generikatochter das Sorgenkind, welches das Wachstum und die Gewinnmargen schmälerte. Tatsächlich musste Sandoz seit 2016 jedes Jahr einen Umsatzrückgang verzeichnen. Doch diese Talfahrt dürfte bald ein Ende haben und 2023 soll das erste Jahr sein, in dem das Unternehmen wieder Wachstum generieren wird.
Die Prognosen von Sandoz sehen für den Zeitraum 2023 bis 2028 ein Umsatzwachstum im «mittleren einstelligen Bereich» vor. Dies scheint angesichts des Umfangs der auslaufenden Patente und der starken Marktpositionierung von Sandoz bei Biosimilars niedrig. Interessanterweise sieht jeder Konkurrent von Sandoz eine Trendwende beim Umsatzwachstum im Zeitraum von 2023 bis 2028. Somit ist es gut möglich, dass das Management von Sandoz hier eher tief stapelt. Sandoz erreichte bereits im ersten Halbjahr 2023 ein Umsatzwachstum von 8%, was impliziert, dass im 2. Semester nur ein Umsatzwachstum von 2% erreicht würde.
Auch hinsichtlich der Margen könnten die gesteckten Mittelfristziele eher konservativer Natur sein, denn Biosimilars haben rund 20% höhere Margen als einfache Generika. Biosimilars waren Ende 2021 für 21% der Umsätze verantwortlich. Angesichts des prognostizierten Wachstums wird dieser Anteil bis 2028 auf mehr als 30 bis 35% ansteigen, mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die Margen.
Vor dem Hintergrund des schlechten Sentiments gegenüber der Generika-Branche hat die Stimmung der Anleger einen Tiefstand erreicht, was sich in den sehr niedrigen Bewertungen der Branche widerspiegelt. Die Kombination aus rückläufigen Umsätzen und hohem Verschuldungsgrad (im Median 4.0x) hat dazu geführt, dass die Peergroup im Median nur mit Multiples von 1.97x EV/Sales, 6.08x EV/EBITDA, und 3.8x KGV gehandelt wird (siehe Tabelle unten). Die Konkurrenten von Sandoz weisen zum Teil höhere Margen auf, da sie neben dem Generikageschäft auch auf Markenprodukte und Innovationen setzen.
Die börsennotierten Konkurrenten werden seit vielen Jahren von schlechten Bilanzen geplagt, die auf teure Übernahmen auf dem Höhepunkt des letzten Zyklus zurückzuführen sind. So gliederte Merck 2021 sein Generika-/Biosimilar-Geschäft unter dem Namen Organon aus und belastete den Spin-Off mit einem damals branchenüblichen Verschuldungsgrad von rund 4x. Novartis beschreitet bei Sandoz hingegen einen anderen Weg. Während die Bilanzen der Peergroup (Teva, Viatris, Organon) immer noch einen Nettoverschuldungsgrad von 3.5-4x aufweisen, wird der Verschuldungsgrad von Sandoz unter 2x liegen:
- Sandoz erwartet eine Bruttoverschuldung von 3.75 Mrd. USD und einen Cash-Bestand von 670 Mio. USD. Das entspricht einer Nettoverschuldung von 3.08 Mrd. USD.
- Auf Basis der Prognosen für 2023 dürften sich der EBITDA auf 1.75 Mrd. USD und der FCF auf 840 Mio. USD belaufen.
- Damit liegt die Nettoverschuldung auf Basis EV/EBITDA bei 1.8x und im Verhältnis zum FCF bei 3.7x.
Es ist davon auszugehen, dass Novartis vom Geschäftsmodell von Sandoz und den Wachstumsaussichten als eigenständiges Unternehmen überzeugt ist und durch die faire Verschuldungsquote für Sandoz ein guter Start in die Freiheit ermöglicht werden soll.
Sandoz ist attraktiv, falls die kommunizierten Ziele erreicht werden sollten:
- Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich von 2023 bis 2028 (inklusive 2023 vs. 2022).
- Ausweitung der EBITDA-Margen von 18-19% im Jahr 2023 auf 24-26% bis im Jahr 2028.
- Steigerung der FCF-Konversion von 48% des EBITDA im Jahr 2023 auf 70% bis 2028.
Die unten stehende Tabelle reflektiert die Guidance des Sandoz-Managements. Auf dieser Basis wird Sandoz 2023 einen FCF von 840 Mio. USD oder 1.95 USD pro Aktie erwirtschaften (bei einer Aktienanzahl von 431 Mio. nach dem Spin-Off). Bis 2025 dürfte der FCF pro Aktie um mehr als 50% steigen, bis 2028 wird sich der FCF pro Aktie verzweieinhalbfachen auf mehr als 4.93 USD pro Aktie.
Analysten erstellen Bewertungsvergleiche mit den Konkurrenten üblicherweise auf Basis EV/EBITDA. Die Vergleichsunternehmen werden mit dem 6.1-fachen EBITDA gehandelt. Ausgehend von der EBITDA-Prognose für 2024 in Höhe von 2.0 Mrd. USD ergeben sich folgende Werte:
13.0 Mrd. Enterprise Value (EV)
abzüglich 3.08 Mrd. USD Nettoverschuldung
= Eigenkapitalwert von 9.92 Mrd. USD oder 23.00 USD pro Aktie (21.16 CHF)
Bei den Bewertungsrelationen der Vergleichsgruppe wäre Sandoz mit einer FCF-Rendite von 10% attraktiv bewertet. Bei einem Bewertungsaufschlag (EV/EBITDA von 8x ) entspräche dies einem Wert pro Aktie von rund 30 USD respektive 27.60 CHF. Es existieren nicht viele grosskapitalisierte Unternehmen im Markt mit solch attraktiven Bewertungen, die gleichzeitig eine Verzweieinhalbfachung des FCFs in den kommenden fünf Jahren anstreben. Aufgrund der niedrigen Verschuldung wäre Sandoz im Gegensatz zu den Konkurrenten somit auch rasch in der Lage, eigene Aktien zurückzukaufen oder Dividenden auszuschütten.
Eine alternative Betrachtungsweise ermöglicht die sogenannte Total Return-Decomposition, bei welcher die einzelnen Komponenten der Gesamtrendite einer Aktie separat betrachtet werden. Unter der Annahme, dass Sandoz die FCF-Ziele gem. der obigen Tabelle erreicht, ergibt sich folgendes Bild:
Bei dieser Betrachtung wurde davon ausgegangen, dass die Aktie keine Bewertungsexpansion erfährt (P/FCF von 23 USD/1.96 USD = 11.7x), die FCF-Marge sich von 8.9% 2023E auf 17.5% 2028E ausweitet, das erzielte Umsatzwachstum sich im Rahmen der Management-Prognose entwickelt (5.5%) und Sandoz die überschüssigen Mittel in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre retourniert (Rendite insgesamt rund 2%).
Gesamthaft ergibt dies eine attraktive Gesamtrendite von 23.2% p.a.. Appliziert man dieses Wachstum auf einen Aktienkurs bei Start von 21.16 CHF, dann ergäbe sich bis 2028 ein Kurspotenzial von rund 61 CHF. Allerdings wäre es ungewöhnlich, dass Sandoz bei der Erreichung der Wachstums- und Margenziele nicht von der Börse mit einer Bewertungsexpansion belohnt würde.
Die Betrachtung zeigt auch deutlich, dass der Grossteil der erwarteten Gesamtrendite aus der Margenexpansion kommt und es daher von zentraler Bedeutung für die mittel- bis langfristige Entwicklung des Sandoz-Aktienkurses sein wird, dass das Management die operativen Margenziele auch tatsächlich realisieren kann.
Verkaufsdruck nach Abspaltung
Bei einem Spin-Off werden den Aktionären der Muttergesellschaft (Novartis) Aktien des abgespaltenen Unternehmens (Sandoz) verteilt. Für jeweils fünf Novartis-Aktien erhalten die Aktionäre eine Sandoz-Aktie in Form einer sogenannten Stock-Dividende. Etwaige Bruchteile werden nicht in Form von Aktien, sondern in bar ausgezahlt.
In den ersten Handelswochen muss mit Verkaufsdruck und entsprechend fallenden Kursen bei Sandoz gerechnet werden. Dies ist bei Abspaltungen nicht unüblich, sondern entspricht der normalen «Spin-Off-Mechanik», welche durch mehrere Studien belegt wurde: In den ersten 3 bis 6 Monaten nach der Abspaltung schneiden Spin-Offs schlechter ab als der Gesamtmarkt.
Dies muss auch im Fall von Sandoz erwartet werden, denn folgende Investoren dürften/müssen die Aktien veräussern:
- Privatinvestoren: Novartis ist eine unter Privatinvestoren gern gehaltene Aktie. Dies hat unterschiedliche Gründe, so die Historie, die Grösse, die Bedeutung des Unternehmens und die attraktive Dividendenrendite. Es darf damit gerechnet werden, dass viele Privatinvestoren, welche Novartis-Aktien halten, von Sandoz wenig begeistert sein werden und entsprechend die zugeteilten Aktien nach der Abspaltung veräussern werden.
- ETFs/passiv orientierte, institutionelle Investoren: Investoren, welche den SMI als Referenz-Index abbilden, werden die zugeteilten Aktien veräussern müssen. Dieser Effekt wird wohl teilweise von jenen passiven Investoren abgeschwächt, welche den SLI oder SMIM als Referenz-Index verwenden und daher Aktien kaufen müssen. Insgesamt dürfte aber auch von diesen Investoren Verkaufsdruck kommen.
- ADR-Holder: Verkaufsdruck ist auch aus dem angelsächsischen Raum zu erwarten. In dieser Region sind Novartis-Aktionäre häufig über amerikanische Zertifikate (ADR) investiert. Im Gegensatz zu Novartis sind die ADR von Sandoz nicht an einer US-Börse gelistet, sondern werden stattdessen ausserbörslich gehandelt (over the counter). Schätzungsweise werden zwischen 9% und 10% der Novartis-Aktien als ADRs gehalten und es muss davon ausgegangen werden, dass rund die Hälfte die Sandoz-ADRs veräussern muss.
Fazit: Viele Faktoren sprechen für eine attraktive Spin-Off-Situation
Sandoz verfügt über viele Ingredienzen für einen erfolgreichen Spin-Off. Der Generikamarkt war in den vergangenen Jahren schwierig und Sandoz verzeichnete seit 2016 rückläufige Umsätze. Die Konkurrenzfirmen werden durch eine hohe Verschuldung geplagt und entsprechend hoch ist die Skepsis, was in tiefen Branchenbewertungen resultiert. Doch der Markt für Generika/Biosimilars wird ab 2023 erstmals wieder Wachstum verzeichnen. Sandoz ist mit einer starken Bilanz und der ausgezeichneten Marktstellung im Bereich Biosimilars gut positioniert, um davon zu profitieren. Die anvisierten Wachstumsziele bezüglich Umsatz-, Margen und FCF-Entwicklung sieht man bei einem vermeintlich schwerfälligen und schrumpfenden Unternehmen nicht so oft. Die Chancen stehen daher gut, dass sich diese Ziele am Ende sogar als zu konservativ erweisen werden. Somit kommt es letztlich auf den Preis an, zu welchem die Sandoz-Valoren gehandelt werden. Sollte man Sandoz zu ähnlichen Bewertungen wie die gelisteten Konkurrenten bekommen, wären die Aktien ein klarer Kauf.